Mit das erste, was mir negativ auffiel als ich nach Erfurt zog, war das kulinarische Angebot. Auch wenn es der Stadt sicher nicht an Imbissen mangelt, besonders im Innenstadtbereich, beschränkt sich die Auswahl auf eher mittelmäßige Bratwurst (es sei denn, es ist Markt und der Stand mit der Wild-Bratwurst ist da), einigen okayen Dönerläden, natürlich Ibras und neuerdings auch das Sham-Bistro. Schon nur kurz außerhalb wird es eng.
Eine neue Hoffnung
Daher war ich äußert erfreut, als zum Madgeburger Allee Fest im Juni das Tutkus eröffnete, und zwar nicht irgendwo im Dunstkreis Anger/Domplatz, sondern an der Haltestelle Salinenstraße, direkt gegenüber des Klanggerüsts. Um ehrlich zu sein: Die Erwartungen waren groß, die Lücken im kulinarischen Stadtplan Erfurts haben über Zeit ein Verlangen nach etwas Neuem aufgebaut, das wahrscheinlich von einem Laden alleine nicht zu stillen ist.
Nach leider viel zu langer Zeit, fanden letzten Freitag Fabi und ich nun endlich mal zusammen, nicht nur prätentiös so zu tun, als würde man sich für Erfurt und seine Entwicklungen interessieren, sondern Vorhaben in die Tat umzusetzen und unser Leben als Restaurant-Kritiker anzutreten.
Beautiful from the Inside – Das Auge isst mit.
Die Betreiber des Tutkus haben die letzten Jahre sicherlich nicht geschlafen, auch wenn die Inneneinrichtung gewiss keinen Interior-Design Award irgendeiner komischen Zeitschrift gewinnen würde, fühlt man sich wohliger als in dem Krankenhaus-Ambiente welches viele vergleichbare Lokale immer noch mit sich bringen. Holz, Bücher, ein vielleicht etwas zu intensives aber nicht unangenehmes Grün sowie eine aufgeräumte Theke machen einen guten Eindruck. Prinzipiell setzt man sich hier gerne rein, auch wenn es am Freitag unseres Besuchs dafür viel zu heiß war.
Um direkt einige Erwartungen wieder einzufangen, die sich analog zu dem hochtrabenden Auftakt dieses Artikels eventuell bei der ein oder anderen Leser*in eingeschlichen haben mögen: Im Prinzip handelt es sich beim Tutkus schlicht um einen Dönerladen. Allerdings, und so viel sei vorweggenommen, sicherlich einer der Besten in Erfurt.
Auf der Speisekarte befinden sich zunächst alte Bekannte: Döner und Dürum, beides auch als vegetarische Variante mit Halloumi erhältlich, bilden ein solides Fundament, auch weniger experimentierfreudige werden fündig. Lässt man den Blick etwas weiter schweifen, wird es allerdings schon interessanter: Ich entdecke Iskender Kebab und muss sofort zuschlagen, Fabi bestellt einen Halloumi Döner, dabei unterhalten wir uns sehr nett mit dem Besitzer, Brusk Tutku, hinter dem Tresen. Der Name Tutku kommt aus dem Türkischen und bedeutet Leidenschaft. Als er unseren Ungleich-Sticker sieht, kommt ein kurzes „kenne ich irgendwoher.. wahrscheinlich von Instagram“.
Der Start am Wochenende des Magedeburger Allee Fests war rasant, man kam mit dem Brotbacken gar nicht mehr hinterher. Mittlerweile laufe es ein bisschen geregelter, aber eigentlich erspäht man im Tutkus immer irgendjemanden, der sich gerade an der reichhaltigen Speisekarte erfreut oder sich draußen auf Baumstämmen oder im gemütlichen Interieur niederlässt. Die Speisekarte, so erzählt uns Tutku, werde demnächst noch etwas angepasst und die Öffnungszeiten auch: „Im Winter will man nicht bis 22 Uhr warten, aber im Sommer reicht das manchmal gar nicht“. Die Klanggerüst-Kundschaft würde sich sonntags für den ein oder anderen Post-Techno-Döner vermutlich eher ein früheres Pfortenöffnen wünschen. Kommt vielleicht noch.
Tutku – Leidenschaft
Nach dem Bestellen und einem kurzen Plausch setzen wir uns in die Sonne, vom Klanggerüst schallt gute Musik über die Straße. Das Leben ist schön. Und es wird tatsächlich noch etwas besser, als unser Essen kommt. Wer Iskender Kebab nicht kennt: Auf geröstetem Fladenbrot wird eine wirklich sehr ordentliche Portion Fleisch drapiert, dazu gibt es Tomaten- und Yoghurtsoße. Klingt unspektakulär, ist aber unfassbar lecker. Und noch etwas leckerer im Tutkus. Auch Fabis Halloumi Döner schmeckt, ganz besonders wegen des warmen knusprigen Brots. Diese Besonderheit sollte an dieser Stelle auf jeden Fall noch mal hervorgehoben: Es wird eigenes Brot gebacken, und das sehr gut. Generell wirkt alles sehr self-made und mit einem gewissen Interesse am eigenen Produkt. Eine Eigenschaft, die mir persönlich sehr wichtig ist bei Restaurantbesuchen.
Nach dem ersten Besuch einigen Fabi und ich uns auf jeden Fall darauf, wiederzukommen. Auf der Speisekarte gibt es noch ein paar Köstlichkeiten, die unsere Aufmerksamkeit auf sich zogen. Die Anti-Pasti-Platte und der Kisir-Teller müssen auf jeden Fall nochmal Bekanntschaft mit UNGLEICH-Geschmacksknospen machen.
Ihr findet das Tutkus in der Magdeburger Allee 172, geöffnet Mo-So 10-22h. Guten Hunger.