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Introducing: FLUT Magazin

Ein paar edgy Erotik-Instagram-Accounts gehören seit ein paar Jahren zum ständigen Repertoire unserer Timeline. Der Kampf gegen und mit der Zensur-Maschinerie – Mark Zuckerberg scheint tiefgehende Probleme mit Nacktheit im Allgemeinen und der weiblichen Brust im speziellen zu haben – ist gelebte Rebellion. Und auch das wohlige Gefühl der Nonkonformität reizt uns, in dem man sich suhlen kann in diesem kurzen Moment, in dem die Sitznachbar*in in der Bahn nach einem verstohlenen Blick auf das Display peinlich berührt um sich schielt, ob den Nippel auf dem Bildschirm noch jemand gesehen hat.

In einem dieser Momente entdeckten wir den Account des FLUT Magazins auf Instagram. Viel war nicht zu sehen – eine Anordnung von Körperteilen, schwarzweiß, symmetrisch. Angehängt ein Manifest:

„Alles kann als erotisch empfunden werden, daher ist alles Erotik, aber nicht für jeden“

„FLUT will ungemütlich, subtil, irritierend, schön, normal, anders sein.“

Das sind hohe Ansprüche, fast so als wolle man mit 0€ Budget ein semi-professionelles Online-Magazin gründen. Es sind hohe Ansprüche, die jedoch vor allem versprechen, die Erotik ernst zu nehmen. Ansprüche, die versprechen (anders als Instagram beispielsweise) freie Nippel nicht als Anlass zur Panik zu verstehen, und auch nicht als Einladung zum Anfassen. Und eine solche Auseinandersetzung mit dem Thema scheint absolut notwendig. Es ist nicht mehr nur Prüderie, sondern auch algorithmischer und alltäglicher Sexismus, die es der Erotik als Kunstform schwer machen.

Umso mehr freuen wir uns, dass das Heft nun tatsächlich erscheint. Am 15. November ab 19:30 Uhr im Glashaus Jena steigt die Releaseparty. Etwas zu rätseln gibt uns noch die Kostümempfehlung: Kinkyspaceage – Kostümtipps daher bitte an die Redaktionsadresse oder in die Kommentare.

Preview: Ausgabe 1 FLUT Magazin

Findet Zeit, denn es lohnt sich. Wir wissen schon jetzt, dass es sich lohnt, weil das Heft wirklich gut geworden ist. Geradezu unverschämt gut. So gut, dass man neidisch darauf wird, warum man nicht selbst etwas so Gutes hervorgebracht hat. Das Magazin sagt schöne Sätze wie „Es wurden Gottesdienste und am Sonntag eine Eucharistiefeier angeboten. Ich traute mich nicht zu fragen, was das ist.“. Oder: „Es gibt keinen richtigen Fick im Patriarchat.” – wobei die Hochachtung Letzterem gegenüber vor allem daraus resultiert, dem offensichtlichen „Es gibt keinen richtigen Fick im Falschen“ widerstanden zu haben.

Interessanterweise sind es vor allem die Texte, die wirklich überzeugen. Feinfühlig, anders und vor allem ehrlich. Kein Rumgepose, keine übertriebene Ernsthaftigkeit unterstrichen durch die ein oder andere eingestreute Albernheit spiegeln die Lust aller Autor*innen an der Thematik und eine wunderbare Respektlosigkeit gegenüber der Tabuisierung erotischer Themen wider. Wir können also mit reinem Gewissen sagen: Wir lesen FLUT nur wegen der guten Texte, wirklich!

Und doch scheiden sich die Geister des Autorenduos, welches diesen Text bisher in inniger Zweisamkeit verfasste, an einer Stelle. Besonders die visuelle Repräsentation der Erotik im Magazin lässt die Lesenden ihr Verständnis der Erotik reflektieren, weshalb wir nun die Erzählerperspektive wechseln und schlüpfen zum Abschluss dieses Textes direkt in die Köpfe der Autoren schlüpfen.

Samuel:

Die Bilder sind zwar alle spannend, irgendwie anders und sicher weit davon entfernt schlecht zu sein. Eine erotische Reaktion, „die Erwartung des Kitzels“, – wie es im Heft an einer Stelle so schön heißt – blieb bei den meisten Bildern jedoch leider aus. Im Endeffekt ist das völlig okay, denn über ein bisschen edgy Instagram-Accounts geht meine ganz persönliche Nonkonformität, die natürlich eigentlich keine solche ist, bei dem Thema eben nicht hinaus. Die erste Ausgabe von FLUT macht das nicht schlechter – im Gegenteil. Vielleicht hilft uns FLUT diesen von ihnen angetretenen Pfad, das weiterhin schwierige Feld voller Stolperfallen der persönlichen Versäumnisse und Unzulänglichkeiten, über die man am besten gar nicht redet (das könnte ja peinlich sein), weiter zu erkunden und uns alle mit auf diesen Weg zu nehmen. Nötig wäre es auf jeden Fall.

René: 

Ich erkenne absolut einen Unterschied zwischen den von uns so geschätzten Instagram-Schmuddeleien und der Bildwelt des FLUT Magazin – @beyincorbasi und @nakidmag (um nur zwei zu nennen, gern geschehen) erzählen kleine Geschichten von Momenten, die mit viel sexueller Energie geladen sind. Das FLUT Magazin weckt einen anderen Prozess, der – zugegeben – weniger die eigenen Triebe kitzelt, sich dafür aber Trieben, Sexualität, Sex und Erregung beinahe in einer Draufsicht widmet. Leander Branstädt (der im Übrigen bereits bei unserer KUNST X MUSIK X FALAFEL Vol. 1 ausstellte) darf sich in FLUT mit Drag-Queens in Berlin auseinandersetzen. Penis und Vagina dürfen, wie es scheint, mit dem Kopiergerät spielen (Elisabeth Knoblich). Es stimmt; weniger eigener Kitzel, dafür macht das Teilhaben am fremden Kitzel aber, sobald man ihn verstanden hat, fast noch mehr Spaß.

Dass unsere Meinungen hier auseinandergehen ist aber – finden wir – umso mehr Grund für euch, das Ganze selbst anzuschauen. Euer Verständnis von Erotik ist eben genau das: Euer Verständnis von Erotik. Und das wird in jedem Fall vom Magazin profitieren.

Daher sehen wir uns alle am Freitag als Kinkyspaceager im Glashaus Jena und kaufen fleißig die erste Ausgabe des FLUT-Magazins.

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