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Bisschen abhipstern – @ Epitome Coffee

Ich gebe es zu: Ich bin ein Snob. Das Problem am Snob sein ist, es macht das Leben nicht unbedingt einfacher – ganz im Gegenteil. Im Epitome Coffee am Fischmarkt findet sich allerdings etwas Abhilfe.

Mein persönlicher Snobismus drückt sich größtenteils darin aus, dass ich mich weigere den an den meisten Orten angebotenen Müll, welcher einem als „Essen“ oder „Trinken“ verkauft wird, zu mir zu nehmen. Man kann diesen Hang zur Qualität natürlich auch positiv ausdrücken. Mir ist es wichtig, dass die Menschen ein Verhältnis zu dem Produkt haben, das sie mir verkaufen – ganz besonders bei allem was sich später in meinem Mund wiederfinden soll. Nicht alles muss perfekt sein. Mir ist egal, wenn die Gabel mal vergessen wird oder der Service mal fünf Minuten länger braucht. Was mir nicht egal ist, ist wenn mir für 3,80 € ein ca. 187,5 Grad heißes Etwas hingeklatscht wird, das zwar aus einer ca. 15.000 € Maschine kommt, genauso gut aber auch Abwasser sein könnte und sich dann Cappuccino schimpft. Das passiert mir seit ein paar Jahren leider häufiger. Nur weil da besagtes, vielleicht auch nur 8,000€ teures Gerät steht, kann man sich noch lange nicht darauf verlassen, dass die Person hinter der Maschine auch weiß, was sie tut – eine entscheidende Erkenntnis, die noch auf ihren Durchbruch in der deutschen Gastronomie-Landschaft wartet. Erfurt stellt in dieser Hinsicht keine Ausnahme dar.

Das Epitome

Der Cappuccino im Epitome – Kann sich sehen lassen.

Ich liebe das Hilgi an der Uni, aber der Cappuccino bei mir zuhause ist leider besser. Um es gleich vorwegzunehmen, eine Location um so richtig geil Abzusnobben, ist das Epitome auch nicht. Im Vergleich zu dem was man in so manch anderer Stadt findet, würde ich sagen: eher so Mittelklasse. Wer Bock hat, kann in Hamburg z.B. mal bei Tornquist Coffee vorbeischauen. Hier wird der Snobbismus über die Schmerzgrenze hinaus in den nicht mehr genießbaren Bereich betrieben. Trotzdem macht das Epitome einiges richtig(er) und besser als andere. Vor allem eigentlich eines: Es steht eine Person hinter der Maschine, die sie auch bedienen kann. Das zeigt sich dann darin, dass der Kaffee eben nicht 187,5 Grad heiß ist und man den Schaum nicht zum kitten seiner Badezimmer fugen verwenden kann. Stattdessen bekommt man ein wohl-temperiertes Getränk, um die 60-70 Grad (nein ich bin nicht mit Thermometer in den Laden gerannt), dessen Schaum cremig ist und der Espresso nicht nach Kaffeesatz oder Essig schmeckt. 

Die 60-70 Grad sind übrigens keine zufällig gewählte oder ausgedachte Marke. Die Temperatur ist nicht nur entscheidend, um sich nicht die Zunge zu verbrennen, sondern auch weil die Milch bei höheren Temperaturen ihren Geschmack verändert. Wer wissen möchte, warum der Cappuccino ab so ca. 70 Grad auf einmal scheiße schmeckt, dem sei das unten eingebettete Video ans Herz gelegt – 30 Minuten pure (Snob-)Freude.

Vergleicht Frau jetzt die Cappuccini (ein Plural bei dem selbst ich mich schäme ihn laut auszusprechen) aus dem Video, mit dem aus dem Epitome, wird das geschulte Auge einige kleine Unterschiede feststellen: Der Schaum ist immer noch etwas zu grobporig und die Linien zwischen Crema und Schaum sind teilweise etwas schwammig gezogen.

Berlin Mitte 0815

Im Geschmack äußert sich das vor allem darin, dass der grobporige Schaum einfach eine etwas weniger ansprechende Textur an den Tag legt und sich nicht perfekt an den Gaumen anschmiegt. Mir persönlich ist außerdem die verwendete Standardröstung zu hell, was in einem etwas fruchtigerem Espressoshot resultiert, der zwar isoliert gut schmeckt, wie ich finde aber nicht besonders für Milchgetränke geeignet ist. Dunklere Röstungen mit ihren kräftigeren, schokoladigen Aromen harmonieren hier besser.

Justin hat sich extra chic gemacht.

Auch, dass die Inneneinrichtung eher 0815 Berlin-Mitte vor 10 Jahren ist, in der man sich nicht unbedingt unwohl, aber auch nicht unbedingt wohl fühlt, mindert den Kaffeegenuss etwas. Trotz dieser Einschränkungen aber eben doch der beste Cappuccino, den ich in Erfurt bis jetzt getrunken habe.

Bitte nicht falsch verstehen – ich werde auch weiterhin gerne ins Café Hilgenfeld am Domplatz gehen, der Charme ist eben nicht zu schlagen. Hin und wieder aber eben auch ins Epitome Coffee, ein bisschen abhipstern. Ich kann halt nicht anders.

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