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Pizza in Erfurt: Feine Pizza und Wein mit Wein & Fein (und Fabi)

Es ist Zeit, über Pizza in Erfurt zu reden. Pizza, ein Wort, das Freude auslöst, ein Wort, das alleine durch seine zwei ZZ bereits aus der Masse anderer belangloser Gerichte-bezeichnender Ausdrücke wie „Kohlroulade“ oder „Ofengemüse“ heraussticht (allgemein sollte es verboten werden, dieses wahllose zusammenwürfeln von Gemüse als Kochen zu bezeichnen). Pizza hingegen, wenn auch genauso beliebt in Studierendenkreisen, ist das perfekte Essen. Simpel und gleichzeitig endlos komplex. Wenn ich über Pizza rede und schreibe, meine ich allerdings nicht den vor Fett triefenden schlechteren Frisbee-Ersatz, den ihr aus Verzweiflung und Selbsthass Samstagabend bei Dominos bestellt.  

Ich rede über Teig, der 48 Stunden geht, nichts anderes als Mehl, Wasser, Salz und Hefe kennt. Über sonnengereifte Tomaten und guten Mozzarella – allgemein Zutaten, die mit Liebe ausgewählt werden. Über Holzöfen und satt-grünen Basilikum. Und natürlich auch über in der Sonne sitzen und teilen, über Lachen und Neugier darauf, wie die Wahl der Freund*innen schmeckt. 

Auch wenn man sich denken mag: „Samuel, chill, nicht jeder hat Bock sich 8h in die Küche zu stellen, du Freak“, muss ich sagen: Fickt euch, ihr habt es nicht anders verdient, fresst halt Dominos. Denn, all das ist kein Hexenwerk. Gute Pizza zu machen ist nicht schwierig, es erfordert lediglich etwas Geduld und Liebe für die Sache, und sicherlich keine acht Stunden in der Küche.  

Umso erschreckender ist festzustellen, dass sich auch die Gastro-Szene weitestgehend mit aller Kraft, die sie aufbringen kann, dagegen wehrt, gute Pizza anzubieten. Denn nicht nur bei Dominos ertrinkt das auf Tinder wahrscheinlich am häufigsten genannte Lieblingsgericht unter drei Tonnen Käse, dass wenn man fragt ob es wohl auch eine vegane Option gebe, aus dem Gesicht der Kellner*in nicht umsonst die blanke Panik spricht, da man ganz genau weiß, dass ohne den Käse eigentlich nicht mehr viel Geschmack übrigbleibt. Deswegen habe ich mich lange schwer getan in Erfurt Pizza zu essen. Ja, das Fellini ist ganz ok, der Teig aber leider eher meh und zu trocken. Und ja, Vulcano ist ganz cool aber leidet unter dem oben genannten Käseproblem. Diese Verzweiflung endete für mich darin, dass sich im Haushalt Helsper auf magische Weise ein Pizza-Ofen wiederfand – eine ganz normale Anschaffung, die keinen problematischen Hang zum Konsum von überteuertem und unangemessen dekadentem Küchenequipment anzeigt.  

Umso erfreuter und neugieriger war ich als vor einiger Zeit der Account von „Wein & Fein“ in meinem Instagram-Feed aufploppte. Die Bilder ließen auf das Beste hoffen: Ein hoffnungslos versnobbter Laden im Richkids-Viertel Erfurts, der neapolitanische Pizza mit frischem Trüffel für 18€ anbietet und in dem irgendwie auch Clueso abhängt – geil. 

Wie es diese komischen Zeiten gerade aber nun mal an sich haben, brauchte es dann doch eine Weile bis ich tatsächlich die Zeit fand, die neue Hoffnung Erfurts aufzusuchen. In der Zwischenzeit kamen mir bereits erste kritische Stimmen zu Ohren („ein sabschiger Teiglappen mit Käse in der Mitte“) – Hatte ich mich zu früh gefreut? Die Anspannung stieg. 

Und was soll ich sagen – am Ende wurde ich nicht enttäuscht. Im Wein & Fein gibt es, meiner Meinung nach, tatsächlich gute Pizza und sicherlich die beste in Erfurt. Teig, der nicht trocken ist, dessen Textur man anmerkt, dass er nicht unter massenhafter Zufuhr von Trockenhefe und Zucker zustande kam. Belegt mit Gemüse, dass auch ohne Zuhilfenahme von Käse Geschmack entfaltet und in der vegetarischen Version auch nicht im Mozzarella ertrinkt. Tomatensoße, die zwar die Frische des Ursprungsprodukts transportiert, aber nicht vor Säure strotzt. Einzig und allein der Bräunungsgrad der Teigunterseite ließ etwas zu wünschen übrig. Statt dem erwünschten, an ein Leopardenfell erinnerndem „Spotting“, erblickte ich etwas blass gebliebenen Teig – eine Tatsache, die dem positiven Gesamteindruck allerdings keinen allzu großen Zacken aus der Krone bricht. In der Steppe der Erfurter Pizza-Landschaft eine kleine Oase, in der man mit 9€ für eine Pizza Funghi und 12€ für eine Pizza Antipasti auch nicht direkt ein Vermögen lassen muss. 

Die Fairness gebietet, transparent mit den Umständen umzugehen, unter denen dieses Urteil zustande kam. Fabi und ich haben uns mit der abgeholten Pizza in den naheliegenden Luisenpark begeben, auf einen makellosen Sternenhimmel geblickt und die Reste von hoffnungslos überteuertem Wein getrunken, der sein Geld tatsächlich wert war.  

Aber auch wenn nicht jeder so tolle Freunde haben kann wie Fabi einer ist, so kann man sich mit der Pizza von Wein & Fein doch etwas Glück in sein Leben holen. Mir wird warm ums Herz bei dem Gedanken im Sommer 2021 nach Erfurt zurückzukehren, in eine hoffentlich etwas virusfreiere Welt, und sich mit Freund*innen in den Park zu setzen und das zu tun, wofür Pizza da ist: teilen, lachen, neugierig sein, genießen und für ein paar Stunden zu vergessen, dass sehr viele Dinge sehr scheiße sind.  

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