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Über Trends und ein schwieriges Getränk

Haben wir etwas verpasst oder sind wir in der Zeit zurückgereist und in 2010 gelandet?! Okay, okay we get it: In Corona Zeiten werden wir alle ein wenig nostalgisch. Auf einmal hören alle wieder The Killers, Cro oder Lady Gaga, alle finden backen plötzlich doch geil und lassen sich ein Pony schneiden. Alles irgendwie ja noch verständlich. Aber über einen wieder aufkommenden „Trend“ müssen wir reden: Bubble Tea.

Das eigentlich längst vergessene Getränk schleicht sich wieder in Deutschlands Innenstädte zurück. Wer in letzter Zeit mal durch Erfurt geschlendert ist, den durchdringt sofort das Gefühl einen Trend verpasst zu haben. Jede zweite Person hält plötzlich einen übergroßen Plastikbecher in der Hand und schlürft bunte Perlen durch Jumbo-Plastikstrohhalme. Wir haben Fragen: Woher kommt auf einmal das Bedürfnis nach diesem Bubble Tea? Wurde das Zeug nicht eigentlich verboten? Und was haben die Illuminaten damit zu tun?

First things first: Was war Bubble Tea nochmal?

Genauso schnell wie der Trend damals in 2010 aus dem Nichts aufgekommen ist, ist er auch wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Das schnelle und abrupte Ende der Bubble Tea-Ära war hauptsächlich Forscher:innen der RWTH Aachen zu verdanken. Sie warnten 2012 laut Medienberichten vor dem Kult-Tee. Angeblich enthalte er gesundheitsschädliche Stoffe und sei krebserregend. Turns Out, war er nie. Die Aussagen wurden durch mehrere Untersuchungen widerlegt, doch das Gerücht hielt sich und der Ruf des Bubble Teas war hinüber. RIP.

Das Einzige, woran wir uns noch erinnern können, ist , dass es sich um ein ungesundes Zuckerwasser mit platzenden Kügelchen handelt. Und dann war da noch ganz viel Plastik. Um also unserer Erinnerung auf die Sprünge zu helfen, wagen wir einen Versuch und testen das Trendgetränk.

Ein Erfahrungsbericht:

29.03.2021. Erfurt. 

Probleme, einen Bubble Tea-Laden zu finden, hat man definitiv nicht. Allein in der Marktstraße gibt es zwei davon und man kann sie durch die kitschig, bunt beklebten Fensterscheiben quasi gar nicht übersehen. In der Warteschlange davor finden wir uns zwischen 12-20-Jährigen Bubble Tea-Liebhaber:innen wieder und das Gefühl von Scham und Unzugehörigkeit macht sich in uns breit. Wir fühlten uns kurz gesagt genauso deplatziert, wie Kemmerich als Ministerpräsident. Die Wartezeit verkürzten wir uns dadurch, die doch sehr komplizierte Karte zu studieren. Mag sein, dass es auch an unserer eigenen Unfähigkeit liegt, denn selbst den 12-jährigen Jungen vor uns in der Schlange fällt es leicht, etwas zu bestellen. Hier zu unserer Verteidigung Beweisstück A:

Beweisstück A

Wir sind endlich an der Reihe. Unter Druck und mit Schweißperlen unter der Maske, entscheiden wir uns letztendlich für Litschi-Geschmack mit Granatapfel-Popping. (Dieses unangenehme Gefühl, wenn man ein Popping bei einem erwachsenen Mann bestellt.) Nun sind wir 3,50€ ärmer. Dafür halten wir den Albtraum einer jeden Meeresschildkröte in der Hand: Ein Plastikbecher mit Plastikdeckel und einen Plastikstrohhalm verpackt in -klar- Plastik. Unsere ersten Eindrücke des gehypten, kulinarischen Mixgetränks sind eigentlich wie erwartet: 

Schluck Eins: Süß, süß und -eh- süß. 
Schluck Zwei: Was waren unsere Geschmacksrichtungen nochmal? 
Schluck Drei: Das Zerplatzen der Kügelchen im Mund ist ganz spaßig.
Schluck Vier: Okay, doch nicht mehr so spaßig.
Schluck Fünf: Uff, ist noch ganz schön viel.

Eigentlich sind wir sehr geübt im Trinken, trotzdem fiel es uns Schluck für Schluck schwerer den Becher voll Tee zu leeren. Und auch wenn wir versucht haben, voll und ganz vorurteilsfrei an die Sache zu gehen, verstehen wir allmählich, warum der Tee damals von der Bildfläche verschwunden ist.

Alles hat ein Ende, nur der Bubble Tea hat zwei?

Warum nun allerdings in Erfurt (und auch in anderen Trendsetter-Metropolen Deutschlands) das Bedürfnis nach Bubble Tea zurück ist, haben wir nicht herausgefunden. Man kann nur spekulieren und eventuell dem Gemunkel der Markt- und Schlösserstraße Glauben schenken, das besagt, Corona sei mit Schuld. Einer der Verkäufer hinter dem Tresen, an dessen Stelle sich vor einem Jahr noch ein Schuhregal befand, bestätigt uns diese Vermutung. Denn das Schuh- und Handtaschengeschäft wurde während Corona kurzerhand in einen Bubble Tea Laden umfunktioniert. Ein weiterer Laden bietet neben dem Getränk noch den Service einer Änderungsschneiderei an, auch ganz normal.

Um ein allgemeines Stimmungsbild zu bekommen, haben wir all unsere Karla-Kolumna-Fähigkeiten gesammelt und bei den Erfurter Bubble Tea Trinker:innen mal nachgehakt, was sie dazu bewegt, dieses Getränk mehr als einmal zu kaufen. Auf unsere investigativen “Warum?”-Fragen, häufen sich Antworten wie „Sieht einfach irgendwie cool aus!“ und „Läuft doch jeder mit rum.“. Einigen scheint das Getränk allerdings sogar zu schmecken – das wollen wir nicht außer Acht lassen. Obwohl es sich bei denjenigen, die das Geschmackserlebnis loben, meist um 12-jährige Jungen, stets auf der Suche nach dem nächsten Zuckerschock, handelt. Sobald wir nach der Meinung zur Verpackung fragen: ahnungsloses, leicht beschämtes Schulterzucken. Konsument:innen, die Nichts hinterfragen und einfach mit der Masse gehen – juhu. 

Das plötzliche Comeback des „Trends“ können wir uns nach den Interviews trotzdem nicht ganz erklären. Es ist einfach sau süß, geschmacklich eher so meh und umweltmäßig absolut daneben – insgesamt also schwierig. In einer Zeit, in der man sowieso alles gerade mindestens “schwierig” findet, bildet der Bubble Tea ein Paradebeispiel. Es bleibt festzuhalten: Das Bubble Tea-Gate spaltet letztlich die Menschheit. In Cool und Uncool, in Zuckerliebhaber:innen und “Da-ist-zu-viel-Zucker-drin” – Denker:innen und schließlich auch in Gut und Böse. 

Unsere letzten Gedanken zum Comeback des totgeglaubten Trends:

Annika: Bubble Tea. Ein Becher voll Sinnlosigkeit.
Julia: Die Blase muss platzen! Die Blase muss platzen!

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