„Grüne Auen durchbrechen Asphalthaut,
Buga ist da, wo das Leben blüht.
Im Dschungel der Stadt, ein Turm aus Schatten gebaut,
Die Sonne geht auf und der Schatten fliegt.
Hallo, hallo, wir starten Richtung Sommer
spürst du das Gras zwischen den Zeeeeeh’n?
Komm schon, komm schon, wir ziehen Richtung Erfurt.
Ich will mit dir zur BUGA geeeeeeh’n”
Mit diesen Zeilen lädt der BUGA-Song zur Bundesgartenschau in Erfurt vom 23. April bis zum 10. Oktober 2021 ein. Vor einigen Wochen haben wir uns gefragt, was es mit dieser BUGA auf sich hat. Das Musikvideo dieses Liedes, einer unserer ersten Berührungspunkte mit der BUGA, zeigt mittelalte Männer, die vor Heuballen leidenschaftlich den Sommer und das Gras zwischen den Zehen herbeisehnen. Wir haben uns den weiteren Öffentlichkeitsauftritt der BUGA genauer angeschaut, um einige Fragen zu klären und uns von Marketingstrategien für eine Dauerkarte überzeugen zu lassen.
Merch & Marketing
Das offizielle Imagevideo startet mit dem Motto „In Thüringen verwurzelt, in Erfurt zuhause!” und verspricht ein 171 Tage langes Sommerfest. Mit allerlei Wortspielen (die man aus dem Wortfeld der Blumen kreieren kann) überzeugt die BUGA mit Merchandise-Produkten wie den sympathischen Maskottchen: Blumian, Kannelore, Gießabella & Gießbert (siehe unten).
Außerdem im BUGA-Shop zu erhalten: Stoffbeutel mit dem Schriftzug Hakuna Blühtata und Genießkannen To-Go-Becher. Auch Corona wird nicht vergessen: der bisher sichtbarste Corona Schutz ist der Mund-Nasen-Schutz mit dem Schriftzug Einfach mal die Kresse halten (den trägt sogar Bodo Ramelow). Der Hintergrund dieses Slogans ist die Brunnenkresse, „das Superfood vor der Haustür”. Dieses vermeintlich gesündeste Lebensmittel der Welt (!) soll ein Revival zur BUGA erfahren. Eine Brunnenkresse-Bäuerin betont: „Erfurt ohne Brunnenkresse ist wie Thüringen ohne Bratwurst. Das geht einfach nicht”. (Angeblich soll Napoleon im Jahr 1809 sogar einen Gärtner aus Erfurt mit nach Versailles genommen haben, um diese dort anzubauen und zu verbreiten.)
Wen Brunnenkresse, Buga-Song und Gießkannen noch nicht überzeugt haben, kann sich vielleicht von der Wiederbelebung Thüringer Traditionen packen lassen: „Thüringens Geschichte spüren, Thüringer Köstlichkeiten genießen, Thüringens Vielfalt entdecken.” Denn wie Tourismus-Chef Hofmann feststellt: „Es fehlt der gewisse Thüringenstolz”. Ob dieser mehr oder weniger inszenierte Thüringenstolz für eine erfolgreiche Bundesgartenschau notwendig ist, bleibt fraglich.
Die BUGA beschreibt sich als “Barrierefrei, nachhaltig und authentisch”. Es kann also nicht nur um Thüringenstolz, Brunnenkresse, Blumen-Wortspiele, witzigen Merch und “das Gras zwischen den Zehen” gehen, wie die ersten Eindrücke des Öffentlichkeitsauftritts vermuten lassen könnten. Deswegen haben wir uns einige Fragen gestellt: Was ist eigentlich geplant? Was können Bewohner:innen erwarten? Wie verändert die BUGA unseren Alltag? Was kann die BUGA kurz- sowie langfristig bewirken? Sind die Veränderungen in der Stadt wirklich so nachhaltig? Wie verändert sich die ganze Chose mit der (plötzlichen) Pandemie? Ein paar dieser Fragen möchten wir in diesem und auch in folgenden Artikeln beantworten.
Was ist geplant?
Die Antwort: Eine Menge. Bei der Planung war wohl Klotzen statt Kleckern das Motto, denn sowohl Gestaltung der Ausstellungsflächen als auch das Veranstaltungsprogramm sind sehr ambitioniert. Deshalb geben wir euch eine kurze Führung durch die BUGA. Los geht’s mit den zwei Haupausstellungsflächen, die für den gesamten Zeitraum der BUGA nur mit Ticket betreten werden können.
Die Hauptausstellungsflächen
„Ein bunt duftendes Blütenmeer in allen Farben des Regenbogens, das Gras der weiten grünen Wiesen unter den Füßen spüren, sich des Schattens unter gewaltigen Bäumen erfreuen, die Welt der Pflanzen in ihrer unendlichen Vielfalt erleben, Unbekanntes aufspüren […]“. Was sich ein wenig nach der Beschreibung von Barbie Fairytopia anhört, beschreibt den ersten Standort der BUGA: den Egapark.
36 Hektar werden zum Schauplatz für zahlreiche Ausstellung, Wettbewerbe zwischen Gärtner:innen sowie neugestaltete Themengärten. Ganz coronakonform gibt bereits (seeehr lange) Videoführungen durch verschiedene Areale. Weiterhin werden 23 Hallenschauen zu Themen wie „Monstera und andere Blattschönheiten“, oder (ganz alman) „Balkonien – Urlaubsoase zwischen Lavendel und Zitronenthymian“ abgehalten. Eines der Highlights ist das neu angelegte Wüsten- und Urwaldhaus Danakil, das eine „Reise durch die Klimazonen“ verspricht. Zu guter Letzt präsentiert das Gartenbaumuseum eine neue Dauerausstellung zur Gartenbaugeschichte Erfurts.
Weiter geht’s zu der zweiten Hauptausstellungsfläche: dem Petersberg. Was genau für ihn geplant ist, war an der schier ewigen Baustelle nur schwer zu erahnen. Hier nun des Rätsels Lösung.
Fangen wir an beim Festungsgraben, wo z.B. heimische Kräuter- und Arzneipflanzen angebaut werden. Um den Spaßfaktor zu steigern, ließ die Stadt Rutschen bauen, die durch die Beete führen. Juhu.
Auf dem oberen Plateau (da beim Glashaus) sollen „opulente“ Gartenschaubeete, Wasserspiele, eine Kulturfläche für Konzerte und Tanz, ein Küchengarten und Bildungsangebote die Besucher:innen begeistern. Auch die riesige Defensionskaserne wird nach 20 Jahren Verfall wiederbelebt. Ein Hofladen für Thüringer Spezialitäten und heimische Handwerkskunst sowie ein Kreativraum für Künstler:innen verschiedener Kulturkreise sollen einen neuen Kulturort schaffen, der auch dauerhaft bleiben soll. Finanziell ist der Erhalt jedoch leider noch nicht zu 100 Prozent abgesichert – auch wenn das wirklich nice wäre.
Schließlich wurde auch die Peterskirche saniert und restauriert und eine neue Ausstellung unter dem Motto „Paradiesgärten – Gartenparadiese“ eingerichtet. Vor der Peterskirche wird nebst der Kulturfläche ein interkultureller Austauschort aufgebaut und eine archäologische Fundgrube, die gleichzeitig als Spielplatz dient, für Besucher:innen zugänglich gemacht.
Die Ausschreibung des Petersberges als BUGA-Fläche hat für viel Kritik gesorgt. Zwar ist die Fläche mit den Boule-Feldern noch frei zugänglich, doch wird die zentrale, von uns allen (gerade im Sommer) so geliebte Aufenthaltsfläche dadurch stark eingeschränkt.
Stadtentwicklungsprojekt Geraaue
Im Rahmen der BUGA wird weiterhin ein umfangreiches Stadtentwicklungsprojekt umgesetzt, welches Erfurter:innen seit über anderthalb Jahren begleitet: der Ausbau der Geraaue. Ziel ist es, „eine grüne Oase für gestresste Großstädter“ zu schaffen, wie es so schön in dem Werbevideo der Stadt beschrieben wird. Sie wird für alle kostenfrei zugänglich sein.
Tatsächlich wurde das Projekt schon 2008 beschlossen, doch erst die BUGA gab den entscheidenden Motivationsschub für die tatsächliche Umsetzung (ein Hoch auf deutsches Bürokratentum). Die Erweiterung und der Ausbau der Grünanlagen entlang der Gera sollen besonders den Bewohner:innen im Norden Erfurts zu Gute kommen und diesen Teil der Stadt allgemein attraktiver machen. Die Vision ist ein 60 Hektar großer, zusammenhängender Landschaftspark entlang der Gera, inklusive eines 5km langem Radwegs von der Innenstadt bis nach Gispersleben. Zu der Neugestaltung der Geraaue gehören unter anderem der Bau neuer Spiel- und Sportplätze sowie neue Freizeit- und Aufenthaltsgelegenheiten wie Picknickplätze, Bänke und Liegen. Damit gibt es immerhin einen Ausweichplatz zum Petersberg.
Ein riesiger Kritikpunkt ist die Fällung von 600 kranken und gesunden Bäumen auf dem Petersberg und im Nordpark. Es gab eine Demonstration im Nordpark, Kritik von der Grünen-Fraktion im Stadtrat und eine Initiative vom NABU Erfurt gegen einige Fällungen.
Als Ersatz für die gefällten Bäume sollen in einem unklaren Zeitraum 1.000 neue gepflanzt werden. Die Verjüngung des Baumbestandes trägt laut Gartenamtsleiter Dr. Sascha Döll zur Verbesserung des Stadtklimas bei. Außerdem sei die Fällung der Bäume im Zuge der Umbauarbeiten “behutsam und im Einklang mit den ökologischen Rahmenbedingungen geplant” worden.
Trotzdem stell ich mir die Frage, ob man nicht besser mit den alten, gesunden Bäumen hätte planen können? Schließlich sind auch sie Teil von Erfurts Geschichte. Das Motto “In Thüringen verwurzelt, in Erfurt zuhause” wurde hier wohl beiseite geschoben.
Veranstaltungsprogramm
Das bisher aufgestellte Programm der BUGA mit über 5000 Veranstaltungen ist überaus vielseitig – doch mit Blick auf das Infektionsgeschehen sind Tanzstunden, Chorauftritte etc. wohl schwer umzusetzen.
Die BUGA soll wie geplant Ende April starten, aber da die Thüringer Verordnung zum Infektionsschutz (mindestens) bis zum 24. April gilt, werden in den ersten zwei Tagen definitiv keine Veranstaltungen stattfinden. Um die Besucher:innenzahlen kontrollieren zu können, gibt es nur noch Karten im Vorverkauf, für Veranstaltungen und Ausstellungsorte müssen Timeslots bzw. Plätze reserviert werden. Da sich im Verlauf der nächsten Wochen bestimmt einiges noch ändern wird, schaut am besten regelmäßig auf der BUGA-Website vorbei, hier findet man auch das gesamte Schutzkonzept.
Trotzdem ist es ganz spannend, sich das Programm aus Workshops, Konzerten, Kleinkunstvorführungen etc. anzuschauen. An den 171 Tage werden uns 25 Themenwochen mit catchy Mottos wie „Rosige Aussichten“, „Mit Kind und Kegel“ und „Youth Week“ begleiten. Dazu gehören diverse Veranstaltungsreihen, beispielsweise tägliche Sportangebote, Auftritte von Singer-Songwritern im KreativGarten, ein Sommerkino und meditatives Zeichnen.
Bevor wir jetzt aber den kompletten Veranstaltungskalender runterbeten, hier einige der von der BUGA ausgewählten Höhepunkte: Ein Konzert von Volker Rosin (der mit dem singenden Känguru); das Finale der Landesmeisterschaften im Poetry Slam; Coverbands von ABBA und den Beatles; die MDR Gartenparty – das bringt „ordentlich Schlageralarm“; ein Vortrag von Harald Lesch zum Thema Klima und Gesundheit. Was und wie viel davon tatsächlich stattfinden wird, steht in den Sternen.
Einiges haben wir damit geklärt, jedoch bleiben noch mehrere Fragen bezüglich Finanzierung und Nachhaltigkeit der BUGA offen. Diese möchten wir in weiteren Artikeln behandeln. Bis dahin hoffen wir sehr, dass es ein ordentliches Corona-Schutzkonzept gibt und die Setzlinge trotz Schnee aus dem Boden sprießen.