Wo sind eigentlich gerade alle? Was machen meine Mitstudierenden zwischen Social Distancing und Quarantäne? Bin ich die Einzige, die abgeschottet von anderen zu Hause herumgammelt?
Diese Fragen gehen zurzeit einigen jungen Menschen durch den Kopf. Um sie zu beantworten, soll es im folgenden Artikel um die gesellschaftliche Gruppe gehen, die sicherlich am schwersten von den Corona-Maßnahmen betroffen ist: die Studierenden. Nicht nur musste es für den Urlaub letzten Sommer statt nach Südostasien nach Frankreich gehen, auch Ibras Falafel kann man nur noch zum Mitnehmen bestellen und die Mensa hat den Betrieb ihrer Salatbar eingestellt!
In diesem Artikel und der darauffolgenden Fotostrecke sollen jedoch zur Abwechslung von sonstigen Medienberichten mal die guten Seiten der Corona-Maßnahmen aufgezeigt werden. Dass viele junge Menschen durchaus ernstzunehmende Probleme haben und psychisch an ihre Belastungsgrenze geraten, soll nicht bezweifelt werden – das Ziel dieses Beitrags ist vielmehr, die positiven Aspekte dieser schwierigen Zeit hervorzuheben. Davon gibt es nämlich mehr als man denkt!
Die positiven Seiten der Corona-Einschränkungen
Ein wichtiger Punkt ist hierbei, dass wir durch den Lockdown von ewig qualvollen Entscheidungsproblemen befreit werden, wie: Wohin ziehe ich für mein Auslandssemester? Sollte ich mich beim Uni-Sport anmelden (und wenn ja, dann lieber Yoga bei Gudrun oder Calisthenics bei Katinka)? Und wo gehe ich überhaupt heute Abend feiern? Auch Aussehen und Körperhype geraten aus dem Fokus. Zwar hat Yoga-Ikone Mady Morrison mehr Follower auf YouTube denn je, allerdings ist die ganze Home-Fitness-Bewegung inzwischen wieder etwas abgeflacht. Die meisten, so scheint es, akzeptieren nun ihr Corona-Bäuchlein. Wer weiß schon, wann man überhaupt wieder unter Menschen geht? Außerdem liegt die Jeans doch eh schon seit Ewigkeiten im Schrank.
Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass die Startseite auf Instagram nicht mehr aus Selfies vor dem Machu Picchu und potenziellen Influencerinnen, die ihren Mann hinter sich her zu einem imposanten Ort an der Amalfiküste ziehen, besteht. Wir kehren uns also ab vom Perfektionismus und der drängenden Frage: Was kann ich tun, um den gesellschaftlichen Standards zu entsprechen?
Stattdessen wenden wir uns dem zu, was wir zuletzt als Kinder getan haben: nämlich einfach mal auf unser Bauchgefühl zu hören und nur noch das zu tun, worauf wir in dem Moment Lust haben, ohne uns dabei von anderen Menschen beeinflussen zu lassen. Nicht selten wurden in der letzten Zeit alte Fotos herausgekramt, Legokisten abgestaubt und Bücher gelesen, die nicht Uni-relevant sind (hierzu keine Quelle, Wahrheitsgehalt also fragwürdig). Denn sind wir mal ehrlich: Nach der neuen Definition ist wohl eh kaum einer von uns systemrelevant. Nichtsdestotrotz gibt es immer noch die fanatischen Menschen, die sich von online Fachschaftsrat-Sitzungen zu Hochschulgruppen-Zoommeetings quälen und besondere Brillen zur Vorbeugung von Augenproblemen kaufen.
Hier ein Appell an alle, sich auch mal eine Pause zu gönnen! Wann werdet ihr wieder so entspannen können wie jetzt? Unsere Generation ist nun mal nicht dafür bekannt, ihre Seele baumeln zu lassen: Wir haben höheren Leistungsdruck, durchschnittlich später Sex, trinken weniger Alkohol und studieren schneller als die ganzen Generationen vor uns. Es wird Zeit unseren Perfektionismus abzulegen – beim Thema Sex zurzeit etwas schwieriger, aber Pornhub Premium gibt’s immerhin dank Corona jetzt gratis…
Soziales Zusammenleben in Wohngemeinschaften
Auch das soziale Zusammenleben hat sich geändert: So rücken zwischenmenschliche Beziehungen wieder in den Vordergrund. Da wir nicht mehr durch große Gruppen und laute Musik abgelenkt werden, müssen wir uns nun wahrhaftig mit dem Gegenüber beschäftigen. Es stellt sich die Frage: Wer sind meine Prioritätspersonen und wen ertrage ich auch allein?
Auf einmal sind die Mitbewohner:innen zuhause und am Ende isst man sogar noch gemeinsam zu Abend. Zweck-WGs verwandeln sich in Gemeinschafts-WGs und man erfährt, dass sein Mitbewohner zwei Geschwister hat und ursprünglich aus Bochum kommt. Natürlich läuft das enge Zusammenleben in Zeiten von Corona nicht immer auf eine Verbesserung der Beziehungen zueinander hinaus – aber auch hierbei wollen wir uns auf die positiven Entwicklungen fokussieren.
Viele der an der folgenden Fotostrecke beteiligten Wohngemeinschaften gaben an, eine neue Art des Zusammenlebens entwickelt zu haben und ungewohnte Dinge gemeinsam zu unternehmen. In gewisser Weise hat sich also die Kultur, die außerhalb der Wohnung nicht mehr stattfinden kann, in die eigenen vier Wände verschoben. Manche haben das gemeinsame Abendessen für sich entdeckt, andere halten sich durch verschiedene Spiele und Haareschneiden bei Laune.
Anbei ein paar Bilder aus WGs in Erfurt, die ihren Weg gefunden haben, aus den Beschränkungen das Beste herauszuholen. Hierbei wurden Unterhaltungsmethoden festgehalten, die erst durch den Lockdown entstanden sind. Sie sollen als Inspirationen dienen und einen Einblick in die derzeitige Welt vieler Studierenden geben. Vielleicht sind das Fotos auf die wir später, wenn unser Alltag wieder durch Schnelllebigkeit geprägt ist, mit Wehmut zurückschauen werden…
Disclaimer: Die meisten Fotos wurden bereits vor dem harten Lockdown im Dezember gemacht. Jeweils mit Abstand, offenen Fenstern und Maske meinerseits.