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Ein Tag bei der Kin-Ball Bundesliga mit den Erfurter Lachsen

Wer zuletzt lachst, lachst am längsten!

Man sieht sie überall – an Ampeln, Straßenlaternen, Stromkästen, Bushaltestellen und sogar in öffentlichen Toiletten. Aufmerksame Erfurter:innen können seit einiger Zeit immer häufiger Sticker mit der Aufschrift „Kin-Ball“ und „Erfurter Lachse“ im Stadtgebiet entdecken. Auch mir sind sie vermehrt aufgefallen und schließlich hat mich die Neugier gepackt: Wer oder was steckt dahinter? Dank Google, meinem Freund und Helfer, konnte ich in null Komma nichts die Instagram-Seite der Erfurter Lachse finden und stolperte auch prompt über die Einladung zum Bundesliga-Spieltag in Erfurt. Ich war schockiert – eine Erfurter Mannschaft spielt eine mir völlig unbekannte Sportart, und das auch noch auf Bundesliga-Niveau? Das kann ich mir auf keinen Fall entgehen lassen! Also mache ich mich am 12. November ohne jegliches Vorwissen über Kin-Ball auf, um mir selbst ein Bild von den Erfurter Lachsen zu machen.

Lachse-Sticker in freier Wildbahn

Bratwurst, Bälle, Fangesänge

Gegen 13 Uhr erreiche ich die Riethsporthalle und komme damit pünktlich zur Mittagspause an. Offiziell begann das erste Spiel zwar schon um 9 Uhr, diese Uhrzeit ist für mich als Studentin an einem Samstag jedoch keine Option. Aber kein Problem, so kann ich mir gleich noch eine Waffel und eine vegane Bratwurst vom Grill holen, bevor ich mir einen Platz auf der Tribüne suche. Für den heutigen zweiten Spieltag der Kin-Ball Bundesliga sind 8 Teams aus ganz Deutschland angereist. Die Halle ist in zwei quadratische Spielfelder unterteilt, auf denen sich einige Spieler:innen schon für ihr nächstes Match aufwärmen. Mir fallen sofort die riesigen Bälle auf, die mit einem Durchmesser von 1,22 Meter und einem Gewicht von unter einem Kilo wie große Luftballons durch die Halle schweben. Doch allein durch das Warm-up wird schnell klar: Kin-Ball ist eine rasante Sportart. Mit der richtigen Schlagtechnik gewinnt der Ball (der übrigens an einen überdimensionalen Gymnastikball erinnert– nur eben nicht quietschgrün, sondern cool in schwarz) an Geschwindigkeit und die Spieler:innen versuchen, ihn mit vollem Körpereinsatz vor dem Aufprall auf dem Boden abzufangen. Um körperlich alles geben zu können, sind die Spielenden mit Knie-, einige sogar mit Schienbeinschonern ausgestattet. Meine Spannung auf das Spiel steigt mit jeder Minute, die ich beim Warm-up zuschaue, da ich noch immer keine Ahnung habe, was gleich eigentlich passieren wird.

Endlich füllt sich die Tribüne wieder mit Fans und der Anpfiff meines ersten Kin-Ball-Spiels rückt näher. Verblüfft sehe ich, wie nicht 2, sondern gleich 3 Teams mit jeweils 4 Spieler:innen das Spielfeld betreten . (Wie ich später herausfinde, ist Kin-Ball die wahrscheinlich einzige Sportart weltweit, bei der 3 Mannschaften gleichzeitig spielen). Nachdem mit einem großen bunten Würfel entschieden wird, welches Team zuerst in Ballbesitz ist, wird das Spiel angepfiffen. Rasend schnell passiert ein Spielzug nach dem Nächsten. Ich schaue gespannt zu – und verstehe erst mal gar nichts. Doch das ist völlig nebensächlich, denn die Stimmung auf der Tribüne ist großartig und alle fiebern mit.

Rasante Spielzüge
Der treue Lachse-Fanblock

Innovatives Regelwerk mit viel Dynamik

Nach dem ersten Spiel entscheide ich mich dann doch dafür, einen näheren Blick ins Regelwerk zu werfen. Glücklicherweise liegen Flyer mit den Regeln auf der Tribüne verteilt und Kapitän, Trainer und Vereinsvorsitzender Minh Dam Hai erklärt mir dann den Rest: Beim Kin-Ball treten drei Teams gegeneinander an und müssen abwechselnd verhindern, dass der von den Gegnern geschlagene Ball den Boden berührt. Dabei gibt es in jedem Spielzug ein angreifendes und ein verteidigendes Team. Die dritte Mannschaft befindet sich ebenfalls auf dem Feld und wartet, bis sie wieder an der Reihe ist. Das angreifende Team schlägt den Ball und die Verteidiger:innen müssen ihn sichern und abfangen, bevor er den Boden berührt. Ball gehalten? Nice. Schaffen sie es nicht, bekommen die beiden anderen Mannschaften je einen Punkt. In jedem Fall werden die Verteidiger:innen nun zu den neuen Angreifer:innen und attackieren jetzt das Team mit der höchsten Punktzahl. Damit ändert sich die Rollenverteilung nach jedem Spielzug und es geht rasant weiter, bis eine Mannschaft 9 Punkte erreicht. Dann muss das Team mit der niedrigsten Punktzahl das Spielfeld verlassen. Die verbleibenden beiden Mannschaften spielen, bis eine von ihnen 11 Punkte erreicht hat und damit die Runde gewinnt. Um das Ganze noch ein bisschen verwirrender zu machen, sind die spielenden Mannschaften nach französischen Farben benannt (gris, bleu und noir). Die Angreifer:innen rufen vor dem Aufschlag des Balls die Farbe des Gegnerteams auf, dass nun ganz schnell reagieren und den Ball halten muss. Easy oder?

Mit diesem Wissen beginnt das nächste Spiel und siehe da, langsam erkenne ich, was da eigentlich vor sich geht. Nach Spiel drei diskutiere ich mit meinem Sitznachbarn schon über Spieltechnik und Fouls und wäre am liebsten selbst auf dem Spielfeld, um auch mal gegen den Riesen-Ball zu schlagen.

Teamgeist

Erfurter Lachse – deine neue Lieblingsmannschaft

Als großes Highlight des Tages entpuppt sich dann das letzte Spiel, in dem gleich zwei Teams aus Erfurt (ja – hier gibt es so viele extrem talentierte Sportler:innen, dass Erfurt direkt mit 2 Mannschaften in der Bundesliga vertreten ist) gegen die erste Mannschaft aus Oberhausen antreten. Der Fanblock der Lachse ist in ausgelassener Stimmung. Auch ich kann mittlerweile in die Fangesänge mit einstimmen. Zwar holt keins der Erfurter Teams den Sieg, doch das trübt die Stimmung in der Halle nicht. Ganz im Gegenteil – man freut sich einfach für die anderen mit.

Am Ende des Spieltags sehe ich dann auch den berühmt-berüchtigten „Lachsjubel“: Bei der Siegerehrung werfen sich die Erfurter auf den Boden, sliden wie Lachse nach vorn und nehmen so ihre Auszeichnung entgegen. Aktuell liegt die erste Mannschaft der Erfurter Lachse auf dem 4. Tabellenplatz, doch noch ist alles offen. Weiter geht es dann am 18. März, wenn sich die Teams zum dritten Bundesliga-Spieltag in München wiederbegegnen. Bis dahin kannst Du Dir die offizielle Lachshymne anhören und schon mal auswendig lernen. Das ist Dir zu lange hin? Dann werde doch einfach selbst zum Erfurter Lachs! Jeden Dienstag und Donnerstag wird in der Sporthalle Nördliche Geraaue trainiert, Interessierte können sich über die Lachse-Website anmelden.

Du kannst dir trotz meiner detaillierten und fachkundigen Beschreibung noch nicht so richtig vorstellen, wie Kin-Ball live und in Action aussieht? Hier findest du eine Zusammenfassung vom Bundesliga-Spieltag in Erfurt!

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