„Wow, jeder von uns hat ein eigenes Bad.“
„Wann können wir endlich rein?“
„Wieso genau dauert das eigentlich so lang?“
Wir stehen seit zwei Stunden in der Schlange vor der Tür des Studierendenwerks. Dabei wollen wir doch einfach nur unsere Wohnungsschlüssel bekommen. Einzelne Neu-Erfurter*innen waren schon in den Zimmern und zeigen Bilder herum. Die anderen halten tapfer die Stellung und freuen sich auf ihr eigenes Bad. Auf den Bildern sehen die Wohnungen toll aus und die Vorfreude steigt. Sie sind großzügig geschnitten, es gibt große Fenster mit einem schönen Blick und wer hat schon als Student ein eigenes Bad? Ich kann diesen Punkt nur wiederholen!
Insgesamt warte ich gute drei Stunden bis ich endlich meine Schlüsselkarte aktiviert und den Vertrag bekommen habe. Ich wohne im neuen Studentenwohnheim in der Nordhäuser Straße 78. Die alte Zahnklinik wurde umgebaut und 247 Studierende durften zum 1. Oktober einziehen. Doch so ganz fertig ist das Gebäude noch nicht. In einer Presseerklärung sagt das Studierendenwerk Thüringen, dass es ursprünglich geplant war, das Haus erst zum Wintersemester 2020/21 zu vermieten. Aufgrund der hohen Nachfrage und Auslastung der anderen Wohnanlagen habe man sich jedoch entschieden, die Sanierung ein Jahr früher fertig zu stellen. Die letzten Restarbeiten könnten auch nach Einzug der Mieter noch durchgeführt werden. Wenn man sich diesen straffen Zeitplan vor Augen führt, ist es fast beeindruckend, dass wir alle schon hier wohnen könne (man denke nur mal an ein ganz bestimmtes Gebäude in Berlin, das seit Jahren nicht fertig wird…).
Wo sind unsere Möbel?
Bereits vor dem Einzug haben die Bewohner der 2. bis 4. Etage eine Mail bekommen, dass ihre Möbel leider erst in einigen Tagen kommen werden – beim Einzug sieht es noch schlimmer aus. Türen fehlen, Toilettenschüsseln liegen auf dem Flur und warten darauf montiert zu werden und der Baustaub fliegt natürlich auch noch durch die Luft. Zwischenzeitlich wurde das warme Wasser für das ganze Haus abgeschaltet und alle Bewohner*innen mussten sich morgens kalt duschen. Doch die Handwerker*innen sind dabei. Bereits am ersten Tag kann jeder, der möchte, in seinem eigenen Zimmer schlafen. Wände werden gestrichen, Türen repariert und um den Wasserschaden an meiner Decke wollen sich die Handwerker auch bald kümmern. Obwohl die meisten Termine abgesprochen werden, müssen wir gerade in der Anfangsphase jederzeit damit rechnen, dass Handwerker*innen unangekündigt in unserer Wohnung stehen. Doch bald sind die gröbsten Bauarbeiten hoffentlich fertig und der Alltag kann einziehen in der Nordhäuser Straße 78.
Ist gerade eine Waschmaschine frei?
Seit einigen Tagen habe ich mit meinen Freunden eine WhatsApp-Gruppe: „Waschmaschinen“. Warum wir das brauchen? Für 247 Bewohner*innen des Gebäudes gibt es nur vier Waschmaschinen, von denen eine bereits nicht mehr funktioniert. Das wäre nicht unbedingt ein Problem, wenn nicht viele der Nutzer*innen ihre Wäsche nach dem Ende des Waschgangs noch gefühlte zwei Stunden in der Maschine lassen würden und somit dafür sorgen, dass ich mehrmals am Tag vergeblich in den Keller laufen muss, bis ich meine Wäsche waschen kann.
Hier ein ganz offizieller Aufruf: Leute, stellt euch einen Timer und wascht eure Wäsche nur, wenn ihr auch Zeit habt, sie danach abzuholen!
Endlich wieder online
„25 Tage und 11 Stunden – Jetzt gibt es endlich Internet an der Nordhäuser. #Feiertag“ und „Endlich Wlan #Nordhäuser #danke“.
Auf Jodel wird das Internet-Problem seit drei Wochen immer wieder thematisiert. Jeden Tag gibt es neue Gerüchte, wann wir endlich Internet bekommen und am 25. Oktober war es endlich so weit. Laute Freudenrufe meiner Mitbewohnerinnen wecken mich am Freitagmorgen auf: „Wir haben Internet!“ Das Studierendenwerk erklärt, dass man die „sensible Netzwerktechnik erst nach Abschluss der schmutzintensiven Arbeiten“ einbauen könne. Das leuchtet mir ein, trotzdem ist es herrlich – meine YouTube Videos laufen, ich kann Musik hören und ich muss nicht mehr in die Bib gehen, um meine Vorlesungen nachzubereiten!
Eigentlich ist es ganz schön hier
Innerhalb von nur einem Monat hat sich viel getan: Der Blick ist toll (in meinem Zimmer habe ich sogar zwei Fenster!), die große Küche eignet sich hervorragend für WG-Partys und in welcher privaten WG hat man schon ein eigenes Bad?