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Interview mit Deslin Ami Kaba zu ihrer ersten EP 

Seit ihrem Auftritt bei der Odd Diversity 2020 hat sich vieles im Leben der Sängerin Deslin Ami Kaba getan. Ihre erste EP „Endless Plessure“ wurde am 05. Mai 2023 durch das Leipziger Plattenlabel VLOP veröffentlicht. Im Interview verrät sie, wie es dazu kam und warum Erfurt ein gutes Pflaster für aufstrebende Musiker:innen ist. 

VLOP wird als neues Nebenprojekt des Techno-Produzenten Cyan85 aus Leipzig betrieben. Wie kam es zu der Kooperation?

Cyan85 kommt ursprünglich aus Erfurt und ist gut in der Kulturszene hier vernetzt. Bevor er vor ein paar Jahren nach Leipzig gezogen ist, hatten wir uns nur einmal gesehen, aber kaum miteinander geredet. Später haben seine Freunde mich auf einem Konzert gesehen und ihn auf mich aufmerksam gemacht. Wir sind uns dann auf Instagram gefolgt und irgendwann hat er mich angeschrieben und gefragt, ob ich Lust hätte, mit ihm Mucke zu machen. Er hat mir direkt den Entwurf für ein Lied geschickt und ich habe einen Text dazu geschrieben. Anschließend sind Alain (der DJ von JetsonG) und ich nach Leipzig gefahren, um den Song aufzunehmen. Der Song heißt „Higher“ und ist jetzt der zweite Song auf der EP. Das hat super geklappt und wir waren alle motiviert weiter zusammenzuarbeiten. Cyan85 hat mir dann noch eine Skizze geschickt und ich bin wieder hingefahren. Nachdem wir den zweiten Song aufgenommen hatten, war eine EP bereits in Überlegung.

Wer hat bei der Produktion alles mitgewirkt?

Cyan85 hat alle Lieder produziert, also die Beats erstellt. Ich habe die meisten Texte dazu verfasst – bis auf “Gone”, der von Maximilian Priesnitz geschrieben wurde. Wir haben die Texte dann gemeinsam im Studio den Beats angepasst. Martin ‘Yngwie’ Rödiger hat die Lieder abgemischt und Alain Fuentes hat die Gitarre eingespielt. Es war eine tolle Zusammenarbeit und ich bin allen Beteiligten krass dankbar für ihre Arbeit, ich habe mich sehr unterstützt und ernstgenommen gefühlt.

Insgesamt befinden sich vier Lieder auf der EP. Kannst du kurz beschreiben, worum es in den Liedern geht?

In den Liedern verarbeite ich verschiedene Emotionen. Der Text von “Endless Plessure” entstand im letzten Jahr, als ich sehr verliebt war. Ich habe alle Empfindungen der Person gegenüber aufgeschrieben – alles was ich mich nicht getraut habe zu sagen. “Higher” war zu Beginn auch ein trauriges Liebeslied, in dem ich versucht habe, mit meiner Trennung abzuschließen. Weil der Beat aber nicht so dazu gepasst hat, hat sich der Song im Laufe der Zeit eher zu einem Confidence-Boost / Break Up-Lied entwickelt. Den Text für “Sunrise” hat Cyan85 angefangen zu schreiben und wir haben ihn gemeinsam fertig gestellt. Es geht nicht wirklich um Selbstliebe, dafür ist der Text zu knapp, aber um Gelassenheit, Entspanntheit, Dinge auf sich zukommen zu lassen – einfach bei sich selbst zu sein und die eigene Wahrheit zu leben. Bei “Gone” war soweit schon alles fertig, als ich ins Studio kam. Es ist das langsamste und sentimentalste Lied von allen. Obwohl ich die Lyrics nicht selbst verfasst habe, fühle ich es zu 100 Prozent. Der Text ist so gut und der Beat passt perfekt. Ich habe versucht, dem Lied meine eigenen Emotionen zu geben und das hat, finde ich, auch ganz gut geklappt. 

Wie würdest du die Musikrichtung beschreiben?

Ich würde sagen, die Lieder sind eine Mischung aus 80ies Disko und RnB / alternative RnB. 

Bildrechte: Matthias Wolf

Wie fühlt es sich an, die erste EP zu veröffentlichen?

Ich habe mich immer noch nicht ganz daran gewöhnt, meine eigenen Lieder auf Spotify zu hören. Ich arbeite in einem Laden in der Erfurter Innenstadt und die Songs sind auch in der Playlist, die im Laden läuft. Wenn Kund:innen das Lied shazamen oder mich fragen wie es heißt, ist das jedes Mal ein besonderer Moment. Die EP ist mein erstes Baby, die erste Musik, mit der ich an den Start gehe. Das ist schon krass, so kommt man auf die Karte.

Die Veröffentlichung auf Schallplatte war Cyan85 und mir sehr wichtig. Ich bin mit Vinyl aufgewachsen und höre selbst einen Großteil meiner Musik über meinen Schallplattenspieler. Wir wollten etwas schaffen, das zeitlos ist und was die Leute auch in 50 Jahren vielleicht noch hören – so wie ich noch Mucke aus den 70ern oder 80ern höre. Für Cyan85 und mich war die EP ein Projekt, das in eine Richtung zeigt, in die wir mal wollen.

Wie fielen die Reaktionen auf deine Lieder aus?

Bisher habe ich ausschließlich richtig gutes Feedback bekommen, was mich sehr überwältigt und bestätigt hat. Ich habe lange Zeit nicht an mich als Sängerin geglaubt und es fällt mir immer noch schwer, mit den ganzen Komplimenten umzugehen. Inzwischen bin ich aber auf einem guten Weg, alle Rückmeldungen dankend annehmen zu können. Mir schreiben auch immer wieder random Leute auf Instagram, die mein Lied in der “Fest und Flauschig”-Playlist gefunden haben.

Apropos “Fest und Flauschig“. Olli Schulz hat deinen Song „Endless Plessure“ in seinem Podcast mit Jan Böhmermann erwähnt. Wie kam es dazu?

Am Sonntagmorgen, nachdem mein Song erschienen war, hat mich meine Mutter um 8 Uhr aus dem Bett geklingelt, um mir zu sagen, dass ich in ihrem Lieblingspodcast erwähnt wurde. Erst habe ich gar nicht verstanden, worum es ging, weil sie so herumgeschrien hat. Ich muss das kurz klarstellen: Meine Mutter kennt Olli Schulz nicht, wir stehen auch in keiner Weise in Kontakt zu ihm. Sie hat dem Instagram-Kanal von “Fest und Flauschig” einfach mein Lied geschickt. Olli Schulz hat ihre Nachricht gelesen, sich den Song angehört und ihn dann einfach mit in seine Playlist genommen, der Bre. Keine Ahnung, ob er das öfter so macht. 

Hat die Erwähnung bei “Fest und Flauschig” auch einen Großteil der Reaktionen auf deine EP ausgemacht?

Das hat bestimmt einen Großteil der Klicks ausgemacht, weil sie eine krasse Reichweite haben. Als Newcomerin muss man schon echt Glück haben, in so eine redaktionelle Playlist aufgenommen zu werden. Der Großteil der Rückmeldungen kam aber aus den Kreisen in Erfurt. Hier werde ich inzwischen häufig auf meine Musik angesprochen. Erfurt ist ja auch relativ überschaubar: Wenn ein paar Personen die Musik teilen, dann macht das schnell die Runde. Cyan85 hat auch eine große Reichweite in Erfurt mit seiner elektronischen Musik. 

Bildrechte: Matthias Wolf

Wie sieht deine Zukunft nach der EP aus?

Es wird nicht gechillt. Ich probe zurzeit mit der Band Sijeb daran, die Lieder auch mit Live-Band spielbar zu machen. Ich habe auch einige Auftritte in den kommenden Wochen: Am ersten Juli singe ich in Leipzig in den Pittlerwerken und am Tag darauf beim Kulturpicknick auf dem Petersberg.

Ich habe gehört, dass du Erfurt bald verlassen wirst. Wohin geht es dann?

Das kommt ganz darauf an, wie sich die nächsten Monate entwickeln. Ich will auf jeden Fall weiterhin mit meinem Team von der EP zusammenarbeiten, merke aber auch, dass ich frische Luft brauche. Ich habe mein ganzes Leben lang in kleineren Städten gewohnt. Es ist Zeit für mich, neue Bekanntschaften zu machen und unbekannte Dinge zu entdecken, die mich inspirieren. Dazu kommt, dass das Leben im Osten teilweise auch sehr anstrengend für mich ist, wegen der politischen Einstellung einiger Leute hier. Wenn sich nichts anderes ergibt, würde ich gerne nach Hamburg ziehen.

Einfach, weil Hamburg cool ist?

Ja.

Viele Musiker:innen aus Erfurt ziehen nach Leipzig. Ist das keine Option für dich?

Leipzig wäre schon auch eine Option. Ich kenne mich gut in Leipzig aus, deswegen wäre es natürlich komfortabler und einfacher für mich dorthin zu ziehen. Andererseits habe ich auch Lust, mich neuen Herausforderungen zu stellen und mich aus meiner Komfortzone zu bewegen. Es kommt natürlich darauf an, welche Möglichkeiten sich mir bieten, aber ich will mich vergrößern und würde gerne einen großen Schritt wagen, anstatt mich schrittweise zu vergrößern.

Vor knapp 5 Jahren bist du aus deiner Heimatstadt Halle fürs Studium nach Erfurt gezogen. Wie schaust du auf die Zeit hier zurück? 

Ich weiß nicht, ob ich so weit gekommen wäre, wäre ich nicht nach Erfurt gezogen. Die Kulturszene hier ist groß und ich kenne eigentlich niemanden, der nicht irgendwo seine Finger im Spiel hat, was die lokale Kultur angeht. Hier findet man sich einfach, beziehungsweise man hat mich gefunden und gefördert. Als ich im Sommer 2020 in der Sommerkomödie gearbeitet habe, hat mein Chef mich singen hören und mich dann den Leuten vorgestellt, mit denen ich später meinen ersten Auftritt hatte. Später habe ich Kontakt mit Fritjof Rödel aufgenommen, der mich die letzten Jahre musikalisch begleitet hat. Erfurt hat mir die Möglichkeit gegeben, mich auszuprobieren und auf diversen Kleinbühnen aufzutreten. Das hat mich sehr nach vorne gebracht. 

Unabhängig von den Kontakten, die ich so geknüpft habe, habe ich auch sehr viel über mich selbst gelernt. Ich war erst 19 Jahre alt, als ich hierher gezogen bin, und noch super naiv. 

Ich wollte schon immer Sängerin werden, habe es mir aber nicht zugetraut. Meine Stimmbildnerin in Halle hat mir damals gesagt, dass mich ein Studium in Gesang nur zum Taxifahren bringt. Ich war erst 15 Jahre alt und ihre Worte haben mich ganz schön abgeschreckt. Aus diesem Grund habe ich mich in Erfurt für Sozialwissenschaften eingeschrieben. Vielleicht war das aber auch gut so, sonst wäre alles nicht so gekommen, wie es jetzt ist.

Hier hat man mich gepusht und mein Selbstvertrauen gestärkt. Ich habe versucht, das Beste daraus zu machen und bin jetzt da, wo ich bin. Erfurt ist für immer ein Zuhause für mich. Das ist, was viele Leute, die hier einmal gewohnt haben, sagen. Wenn ich irgendwann einmal das Privileg haben sollte, mir aussuchen zu können, wo ich leben will, dann würde ich auf jeden Fall zurückkommen. Davor will ich aber noch ein bisschen mit meiner Arbeit herumkommen und Dinge erleben. 

Gibt es noch irgendetwas, das du gerne loswerden würdest?

Endless Plessure endless streamen, Leute! 

Zu hören gibt es die EP auf allen bekannten Streaming-Plattformen

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