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Let‘s talk about Sekt

Disclaimer: Im Folgenden folgt eine Folge des Alkoholkonsums – in diesem epischen und lyrischen Meisterwerk werden alkoholverherrlichende Textpassagen zu finden sein. An dieser Stelle: Kenn dein Limit und don’t drink and drive. Genauso, wie wir einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol empfehlen, empfehlen wir auch diesen Artikel mit 11,5 Umdrehungen im Schacht zu lesen. Scheers. 

Wie sollen wir es euch sagen … Es gibt da jemanden. Jemanden, der uns um den Verstand bringt und das seit und für immer. Sein gläserner Blick, die kurvige Silhouette und die Culot de Bouteille lassen unsere Knie weich werden und die Zunge auch. Wir äugeln lieblich, manchmal auch halbtrocken, mit ihm. Er versteht etwas von Etikette und mit ihm blubbern die Gedanken so dahin. Durch ihn wird unsere Fantasie zu tausend Perlen. Kann es wirklich Liebe sein? „Alles wird so … weich!” (Johanna, 2021). Ach, wir sind verliebt. Jetzt ist es raus.

Was prickelt so spät durch Nacht und Wind, es ist das Rotkäppchen mit seinem Durst. Okay, Schluss jetzt. Wir möchten diesen Artikel dem evergreen All-Star der Getränketheke widmen: Schaumwein, Sekt, Schampus – nennt es, wie ihr wollt. Aber es ist an der Zeit, eine Hommage an den Sekt zu schreiben. Das Getränk, das mit oder ohne Eis den Leichtsinn des Lebens aus uns herauskitzelt und unsere Sinne beflügelt. 

Kein Sekt ist auch keine Lösung

Man ist es gewöhnt, dass Sekttrinken immer mit einem Anlass verbunden ist. Schon mit der Geburt fängt es an. Wenn Mutter das Kind auf den Armen hält, stoßen Oma und Opa mit Rotkäppchen an. Bei der Konfirmation mit 14 köpft man dann selbst die erste Flasche und viele weitere sollen folgen: Sekt zum Schulabschluss, nach bestandenen Uni-Klausuren oder erfolgreichen oder weniger erfolgreichen Bewerbungsgesprächen. Dazwischen immer wieder Familienfeiern, Hochzeiten oder Besuche bei Tante Isolde, die Sekt wie selbstverständlich zu Kaffee und Kuchen serviert. Stößchen! 

Aber wie auch Schaumwein, reift der Geschmack für die guten Dinge mit der Zeit. Und plötzlich zogen die grünen Flaschen auch in unsere Kühlschränke ein. Sekt ist auf einmal nicht mehr spießig, sondern irgendwie cool geworden.

So kommt es, dass wir, Johanna und Annika1, an einem Donnerstagabend in unserer Studi-Küche hocken und zwischen einer Auswahl von 911 verschiedenen Sektsorten über die Köstlichkeit dieses Getränkes philosophieren. 

Stößchen! 
Call it Sektlaune

Das Wort Sektlaune gibt es nur im Deutschen. Es bezeichnet die wunderbare Leichtigkeit, die ein Glas vollperliger Schaumwein auslösen kann. Die Zunge löst sich, die Hemmungen schwinden, der Übermut nimmt zu. Kaum jemand spricht von “Weinlaune”. Nein, call it Sektlaune! 

Sekt geht immer. Weniger als fünf Euro kostet eine Flasche durchschnittlich in den Supermärkten. Ein erschwinglicher Preis, um einen guten in einen fantastischen Tag zu verwandeln  quasi der kleine Luxus für jedefrau und jedermann. So haben auch wir uns den Luxus gegönnt und für euch das halbe Sekt-Sortiment von Rewe und Edeka gekostet. Wir sagen, wie es ist: Sekt schmeckt  aber nicht jeder! 

Zu sehen: Der Versuch eine Flasche zu öffnen.

Genz rappt in seinem Lied Jeden Tag ‘ne Flasche Sekt bereits über die Geschmäcker diverser Sorten:

Rotkäppchen, Metternich, süßer Sekt, besser nicht
Jules Mumm, Piccolo – genau, davon rappe ich
Freixenet, Henkell trocken, da kann ich nicht nein sagen
Faber, Söhnlein, wo ist der Deinhard?

Wobei, das können wir nach dem Tasting nicht so ganz unterschreiben und eventuell auch nicht mehr ganz trennscharf beurteilen. Wir haben uns in die prickelnden Fluten gestürzt und Metternich und Söhnlein haben uns und unsere Geschmacksknospen abgeholt – wobei der Rotkäppchen-Sekt ebenfalls nichts auf sich kommen lässt. Auch sonst gab es einige Erkenntnisse über den Abend: die Bitte „Stell schon mal den Sekt kalt“ sollte ernst genommen werden, ein Premiumsekt kann stinken und Augen auf beim Sektkauf! 

Gedächtnisprotokoll:
Johanna: „Ey, guck mal! Da steht Rubin drauf!“
*Sekt wird eingeschenkt*
Annika: „Der ist ja rot … ?!“ 
*lange Pause*
Johanna: „Was hab ich da gekauft?“
Annika, beäugt kritisch die Flasche: „Vielleicht erkennt man´s auch am roten Design Johanna.“
Johanna: „Ich bin farbenblind …“
Annika: “Echt jetzt? Naja, schmeckt … interessant …“

Zugegeben: der Sekt steigt uns langsam ins Gemüt. Aber die „Deutschen“ schauen bei dem Thema generell recht tief ins Glas. Und zwar so tief, dass 16% aller Schaumweine weltweit hierzulande getrunken werden. Das macht etwa vier Flaschen pro Kopf und Jahr – wir bleiben also nur der Statistik treu. Gemunkel zufolge ist die Dunkelziffer deutlich höher.  

Sektakuleres Wissen

Zur noch späteren Stunde steigt nicht nur der Pegel, sondern auch die Wissbegierde. Wusstet ihr zum Beispiel, dass Moët so ausgesprochen wird: [moˌɛt]? Und auch die Frage nach der Herstellung soll nicht unbeantwortet bleiben. Eine kluge Person (wir nennen keine Namen) stellte die These auf: Weinkorken raus und ab unter den Sodastream?! Eh nein, nicht so ganz. Wobei man erwähnen sollte, dass die besagte kluge Person – eventuell eine UNGLEICH-Autorin  nicht die Einzige war mit diesem Einfall. Kaum zu glauben, aber wahr: Es gibt einen Sekt-Sirup, der einfach aufgesprudelt wird #sparklinggold. An der Stelle: Grüße gehen raus an das Innovationsteam von Sodastream. 

Wir haben das nochmal kurz gegoogelt und es ist ganz einfach: Wenn Wein mit Zucker und Hefe versetzt wird, komm Sekt heraus. Der Wein gärt dadurch ein zweites Mal und es entsteht Kohlensäure. Der Druck in der Flasche, Zeitpunkt der Gärung und die Herkunft der Rebsorten bestimmen, ob ein Schaumwein als Prosecco, Sekt, Crémants oder Champagner bezeichnet werden darf. Fun Fact: Die Franzosen bestanden im Versailler Friedensvertrag auf den sogenannten Champagnerparagrafen. Der regelt, dass sich nur in der Champagne angebauter Schaumwein Champagner nennen darf. 

Noch viel witzigerer Fun Fact: Putin hat Anfang dieses Jahres ein Gesetz verabschiedet, dass die Bezeichnung Champagner nur dem russischen Schaumwein vorbehalten sein soll und der echte, edle Tropfen aus der Champagne nur noch Sekt genannt werden darf. Du Keck.

Sekt vereint und Glück ist perlig

Nachdem wir gut betüddelt die elfte Flasche öffnen und nun nicht mehr über Sekt, sondern auch das Leben philosophieren wird uns klar: Sekt vereint. 

Das Klischee, dass das Prickelwasser nur den Schönen und Reichen vorbehalten ist oder ein Weibergetränk darstellen soll, ist kompletter Bullshit. Egal ob männlich, weiblich oder divers. Ob jung oder alt, ob in Hosenanzug oder Schlips im Büro oder im Second-Hand-Flanell-Hemd als Student:in. Im besten Fall trinken und genießen alle zusammen. Alle greifen gleichermaßen zum Glas oder setzen an derselben mundenden Flasche an, um sich dann glückselig zuzuprosten. 

Sekt, wann immer es geht. Ja, man könnte sich auch langsam mal dafür stark machen, dass es ein Event geben sollte, das ebenbürtig zum Oktoberfest – dem Fest des Bieres – ist. Eben eines, bei dem alle schunkelnd mit Sektflaschen auf den Bier… äh Sektbänken stehen! Denn Sekt kann inzwischen längst mit Bier und Wein mithalten. Wir denken unsere Ansicht ist hiermit klar geworden. 

Man braucht zum Sekttrinken keinen festlichen Anlass mehr. Wir trinken Sekt, um das Alltägliche zu feiern. Wir trinken, weil beim Sonntagsspaziergang die Sonne scheint oder weil wir erfolgreich eine Kiste an die Wand geschraubt haben oder weil es Nudeln mit Pesto gibt oder weil Mittwoch ist oder eben, weil wir einen Artikel schreiben. Korken knallen lassen, einfach weil man’s kann. Also auf euch, auf uns, Glück ist perlig. Cheers! 

Kann Spuren von Sulfiten enthalten.


Notizen:

Sekt mit O? Streiten sich die Geister. 

Was würden die Ü-40 Gabies und Steffis an einem Sonntagmorgen im Zug ohne den kleinen Piccolo-Sekt machen?

„Noch ein kleines Piccolöchen?“
„Nein Gabi! Halt’s Maul! Steck dein Piccolöchen zurück in dein Täschchen. Nimm die Servietten vom Bistrotisch und lass uns einfach in Ruhe Bahnfahren. Und nein, ich möchte kein Schnittchen.“ 

Annika erklärt den Begriff „Blöodli“: Nichts geringeres, als die herrlichste Bezeichnung dafür, wenn es im Bauch nach einem Schluck des flüssigen Goldes so schön prickelt. 

So wie uns selbst, verfolgt Sekt schon lange die UNGLEICH-Ära und das wird auch noch lange so anhalten. Von den alten Küken bis zu den jungen Hasen

Sekt findet so oft zu uns, wie Karl Lauterbach zu Lanz – beständig. 

Was du heute kannst entkorken, das verschiebe nicht auf morgen. 

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