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Linie Neun – Eine Fahrt durch Erfurts musikalisches Potenzial

Das Jahr 2020 zeigt uns mehr denn je, wie abhängig Kunst und Kultur von einem aktiven und lebendigen Nachtleben sind. Diese Nächte sind neben den Veranstalter*innen auch für die Musiker*innen überlebenswichtig. Wir als ungleich MAGAZIN versuchten jüngst mit unserer Odd Diversity 2.0 einen kleinen Teil dazu beizutragen, ein „Nachtleben“ unter den aktuellen Bedingungen zumindest für einen Abend zu ermöglichen.

Einen viel nachhaltigeren Beitrag zur Erfurter Kulturszene und seinen Musiker*innen wollen nun die Gründer des Labels Linie Neun leisten. Mit dem Bus der Linie 9 sind sie regelmäßig zusammen zum Klanggerüst gefahren, ihrer zweiten Heimat. Dort am Ende der Magdeburger Allee sind sie musikalisch groß geworden, wie sie selbst sagen. Die Buslinie 9 steht für sie durch das Schaffen der Anbindung ihrer Wohnorte als eine Metapher für die Verbindung, die sie zueinander pflegen.

“Lucid Echoes” – die erste EP des Labels Linie 9.
Artwork: Nora Sorrel

Seit vielen Jahren musizieren sie zusammen, haben vorher schon jeder für sich aufgelegt und Instrumente gespielt. Die Liebe zur Musik, zur klassischen Vinyl, brachte die Freunde auf die Idee, ein eigenes Label zu gründen, um natürlich einerseits sich selbst die Möglichkeit zu geben, eigene Produktionen zu veröffentlichen, aber um andererseits eben auch jungen Künstler*innen in Erfurt und Thüringen diese Möglichkeit zu bieten. Erfurt ist im Vergleich zu Berlin oder Leipzig zwar für bessere Öffnungszeiten der Spätis bekannt, nicht aber für eine stark florierende elektronische Musikszene. „Das liegt gar nicht mal daran, dass es in Erfurt keine guten Produzent*innen oder andere Labels gibt“, so scheinen sich Max und Max einig zu sein, „mit Habibi Bass von Cyan85 und dem Label der Kollegen von Einevision gibt es attraktive Plattformen, dennoch sind sie in Thüringen stark unterrepräsentiert“.

Erstmal einen Sekt aufmachen

„Das soll sich nun ändern“, erklärt Daniel und lässt den Korken vom guten Rotkäppchen durch den Garten fliegen. Nach zwei Jahren intensiver Planung erschien im Juni – trotz Corona – die erste Extended Play „Lucid Echoes“ written and produced von einem der Cofounder, aethernal. Mit vier Liedern bietet die EP einen klanglich eindrucksvollen Mix aus house, ambient und downtempo. Neben der Platte mit ihrem sehenswerten Artwork, gibt es für jede*n Käufer*in einen Downloadlink für die Tracks, verschiedene Sticker und einen handgefertigten Holzchip aus dem Steigerwald, der 50% Eintrittserlass für die große Releaseveranstaltung verspricht. Diese hätte natürlich eigentlich bereits im Frühjahr stattfinden sollen, wird aber in jedem Fall nachgeholt, wenn es die Umstände wieder erlauben, fügt Julian an. Veranstaltungen sollen eigentlich ein zweites Standbein des Labels sein, um neben den reinen Verkäufen von Musikerzeugnissen eine weitere Einnahmequelle zu haben. Die bisher geplanten Veranstaltungskonzepte reichen von einem abwechslungsreichen Musikprogramm hin zu einem gastronomischen Angebot. Es bleibt also zu hoffen, dass es für Kunst und Kultur, auch in diesem Rahmen, bald wieder eine Möglichkeit geben wird. 

Einen handgefertigten Holzchip aus dem Steigerwald gibt’s zur EP dazu!

Musikalisch lässt „Lucid Echos“ verraten, wohin die Fahrt von Linie Neun führen sollen. Vorbei am elektronischen Mainstream, wie es ihn in Berlin und Leipzig dann vielleicht doch ein bisschen öfter gibt als hier, hin in eine experimentelle Richtung, die vor allem den oder die Künstler*in und seine Geschichte selbst in den Vordergrund stellt. Dem Label geht es nicht um Verkaufszahlen, es geht um die Qualität der Produktionen, die Arbeit, die dahintersteckt und um Nachhaltigkeit.

Die nächste Veröffentlichung wird mit Joule (amicissia & Open Circuit) ebenfalls von einem der Cofounder stammen. Momentan werden aber auch bereits Gespräche mit einigen anderen Produzent*innen aus Erfurt geführt Es bleibt also spannend und verfolgenswert, auf welche Reise die Linie Neun uns in Zukunft mitnehmen wird. Ich drücke ihnen die Daumen, dass dieses kleine Stück Kunst noch ein ganz großes zu werden vermag. Am kommenden Donnerstag, so viel steht fest, ist eine Haltestelle in der Gotthardtstraße bei Radio Frei, aethernal wird ab 22 Uhr in der Call it Love Radio Show zu Gast sein.

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